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    Fehlstart 2016: Willkommen im Bärenmarkt

    Der Jahresauftakt 2016 verlief an den Finanzmärkten nicht ganz so, wie sich viele Hobby-Börsianer das vorstellen. Der Dax notiert rund eintausend Punkte unter dem Schlusskurs von 2015 und mehr als 2.700 Punkte unter dem Allzeithoch vom Frühjahr 2015. Auch Dow Jones, S&P 500 und NASDAQ haben sich um zweistellige Prozentwerte von ihren Hochs entfernt. Die Frage, die sich viele stellen mögen: Hätte man das Blutbad der vergangenen Wochen kommen sehen können?

    Um es an den Anfang zu stellen: Ausmaß und genauer Zeitpunkt dieser Crash-Bewegung waren nicht prognostizierbar. Damit endet aber auch schon die Unsicherheit. Denn es gab dutzendweise Warnsignale und wer mit offenen Augen durch die Börsenwelt geht, der hätte diese auch erkennen können. Die augenscheinlichsten Hinweise lieferte ein einfacher Monatschart mit dem MACD als Indikator.    

    Ohne in die Tiefen der Technischen Analyse einzusteigen: Bullen- und Bärenmärkte wechseln sich regelmäßig ab. Von 2000 bis 2003 ging es abwärts, danach ging es von 2003 bis 2007 aufwärts. Es folgten zwei Jahre Abwärtsbewegung. Ab März 2009 stiegen die Märkte unentwegt - bis zum Frühjahr 2015, also rund sechs Jahre. Damit ist es wieder Zeit für eine Pause. Seit dem Allzeithoch sind schon zehn Monate ins Land gegangen. In den USA wird in zehn Monaten ein neuer Präsident gewählt. Damit hätten wir bis Ende 2016 einen rund achtzehnmonatigen Bärenmarkt und einen Anlass, die Aktienkurse wieder steigen zu lassen. Denn bekanntlich sind die Jahre nach den US-Präsidentschaftswahlen überdurchschnittlich bullish. 

    Wer nicht mit Indikatoren arbeitet, den hätte die Trendbeschleunigung im Frühjahr 2015 stutzig machen müssen. Häufig enden Aufwärtstrends mit einer finalen, völlig übertriebenen Aufwärtsbewegung. Der Dax hatte im ersten Quartal 2015 die beste Performance seit seiner Erfindung - 30% in drei Monaten. Das so genannte "Buying Climax" beruht darauf, dass durch intensives Trommelfeuer der Medien auch der letzte private Anleger in den Markt gelockt wird - und zu Höchstpreisen von institutionellen Anlegern viel zu teure Aktien kauft. Wenn aber schon der letzte Privatanleger gekauft hat, bleiben einfach keine Käufer mehr, die die Kurse noch höher treiben könnten.  

    In den vergangenen Tagen nun sahen wir eine Verkaufspanik - der Wochenchart zeigt das sehr schön. Die Kurse haben die Paniklinie erreicht - und drehen folglich seit gestern, 21. Januar 2016, aufwärts. Wer die Großwetterlage im Hinterkopf hat, wird schnell verstehen: Solange die 11.450 nicht überschritten wird, bietet der Chart fallende Hochs und fallende Tiefs - und damit einen intakten Abwärtstrend. Aber so, wie Menschen ein- und ausatmen, so wird auch der Chart nie in gerader Linie in eine Richtung marschieren. Nach Kursstürzen kommen Erholungen - und umgekehrt. Wer mein wöchentliches Marktupdate liest, wurde schon am vergangenen Wochenende vorbereitet, auf eine Aufwärtsbewegung zu warten. 

    Der New High-New Low-Index, ein von Dr. Alexander Elder entwickelter vorlaufender Indikator, hatte nämlich schon am vergangenen Freitag einen Extremwert erreicht. Insbesondere das extrem seltene Signal im Weekly NHNL, der so genannte "Spike Bounce" lies aufhorchen. Fällt der Wochen-NHNL nämlich unter minus 4.000, steht der Markt vor einer Aufwärtsumkehr. Der Wert von minus 4.000 bedeutet: Fünf Tage hintereinander müssen mindestens 800 neue Einjahrestiefs mehr als neue Einjahreshochs an den US-Börsen erreicht werden. Solch ein marktbreiter, langandauernder Ausverkauf zu Tiefstpreisen kommt in panischen Marktsituationen vor und ist nicht nachhaltig. Zum Handelsschluss des 20. Januar erreichte der Index einen Stand von minus 6009, dieser Wert wurde nur einmal unterboten: Im Herbst 2008 nach der Lehman-Pleite. Gestern tickte der NHNL erstmals nach oben - die Abwärtsbewegung kommt vorläufig zum Stehen.

    Doch außer den technischen Indikatoren gab es jede Menge weitere Hinweise, dass eine Korrektur bevor stand: Die Terminstrukturkurve der VIX-Futures hat aus dem typischen Contango in Backwardation gedreht. Das heißt übersetzt: Professionelle Marktteilnehmer zahlen für Versicherungen gegen kurzfristige Kursschwankugen höhere Versicherungsprämien, als für längerfristige Schwankungen. Normalerweise sollte eine langlaufende Versicherung mehr kosten als eine, die nur acht Wochen gültig ist. An etwa 90 Prozent aller Handelstage ist das auch so. Um so auffälliger ist es, wenn sich das Bild ins Gegenteil verkehrt. 

    Unter Zuhilfenahme des gesunden Menschenverstandes fallen mir noch viele Argumente ein, warum die Börsen in den kommenden Wochen tendenziell eher fallen sollten: 

    • Die weltweiten konjunkturellen Aussichten haben sich drastisch eingetrübt.
    • Die Wachstumsschwäche in China schlägt insbesondere auf die exportabhängige deutsche Wirtschaft durch. Die Arbeitslosigkeit wird steigen. Der Ansturm einer weiteren Million Menschen auf Deutschland in 2016 wird nicht nur die Sozialsysteme vor eine Zerreißprobe stellen.
    • In der Europäischen Gemeinschaft verstärken sich zentrifugale Kräfte. Flüchtlingsfrage, Schuldenkrise, Jugendarbeitslosigkeit, Russland-Boykott, Großbritannien-Austritt, Grenzschließungen - all das birgt Sprengstoff.  
    • Die Weltwirtschaftslokomotive USA schwächelt wegen des starken Dollars und der niedrigen Ölpreise.
    • Lateinamerika schwächelt wegen des niedrigen Ölpreises und des teuren Dollars, gerade hat Venezuela den "wirtschaftlichen Ausnahmezustand" verhängt.
    • Der Nahe und Mittlere Osten befindet sich im Krieg. Die Gemengelage ist unübersichtlich: Sunniten, Schiiten, Kurden, Saudis, Syrier, Irakis, Türken, Pakistanis, Afghanen, Al Qaida, IS - es ist ein unbeherrschbarer Kampf "Jeder gegen Jeden". Die militärische Einmischung der europäischen Länder importiert diese Konflikte auf den europäischen Kontinent.   
    • Gleichzeitig wird es wieder teurer, sich Geld zu borgen, denn die US-Notenbank hat im Dezember begonnen, die Zinsen zu erhöhen. Dadurch werden verschuldete Unternehmen mehr Geld für Zinsen zahlen müssen. Firmen mit zweifelhaften Geschäftsmodellen oder mangelnder Wettbewerbsfähigkeit werden in Schwierigkeiten kommen oder ganz von der Bildfläche verschwinden. 

    Da Bärenmärkte in der Regel nicht länger als zwei bis drei Jahre dauern, gibt es aber auch gute Nachrichten. Es ist an der Zeit, eine Shopping-Liste vorzubereiten, wenn man längerfristig investieren möchte. Die Abwärtstrends machen die Aktien erstklassiger überbewerteter Unternehmen billiger. Die Dividendenrenditen steigen dadurch. Wer ein Vermögen aufbauen möchte, braucht die gelegentlichen Bärenmärkte, um günstig einkaufen zu können. Bringt man dann noch etwas Zeit mit, kann man eigentlich nichts falsch machen, das zeigt die obige Grafik. Hätte man beispielsweise 1995 für 10.000 Dollar Aktien des Chipherstellers Qualcomm gekauft, wäre man heute ein ganzes Stück reicher. Denn trotz Finanzkrise und Dotcom-Blase wären aus den 10.000 Dollar damals heute 175.000 Dollar geworden. Damit nicht genug: Man würde inzwischen jedes Jahr mehr als 6.697 Dollar Dividenden kassieren. Die durchschnittliche Jahresperformance der Investition beläuft sich somit auf 16,4%, die durchschnittliche Gehaltserhöhung auf 29% jährlich. Dabei wurden die Dividenden noch nicht einmal reinvestiert, sondern verkonsumiert. Trotzdem bekäme man heute jährlich 67% des Ursprungsinvestments als "Leibrente". 

    Genau dies ist der Grund, warum ich ein Zahltag-Depot aufbaue. Man braucht nur ein, zwei Aktien wie diese und 20 Jahre Zeit. Dann steht einem sorglosen Leben nichts mehr im Wege.     

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