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    Sieben Lektionen von Warren Buffett: Warum Liquidität wichtig ist

    Als ich vor einigen Wochen auf dem Flughafen München umsteigen musste, fiel mir Heft 15 des Wirtschaftsmagazins Focus Money in die Hände. "Schon mit 38.000 Euro Einsatz monatlich 550 Euro Dividende kassieren!", titelte das Münchener Blatt. Die Story erzählt von Günther Fielmann, Erich Sixt, Dietmar Hopp, Susanne Klatten und anderen Investoren, die jedes Jahr zwei- und dreistellige Millionenbeträge in Form von Dividenden aus ihren Investments ziehen. Und natürlich gibt es den obligatorischen Ratschlag: "Was wir kaufen - Zehn Dividendenzahler für ein Depot". Hier merkt man wieder einmal, wer diese Tipps verkauft: Journalisten. Keine Anleger, keine Investoren. Löblich ist die Absicht der Edelfedern, uns den Zinseszins zu erklären, den Sinn von Dividenden, die Unsinnigkeit von Kursschwankungen und das exponentielle Vermögenswachstum, wenn Dividenden wieder angelegt werden. Als praktizierender Investor bleibt es aber nicht aus, dass man solche Botschaften kritisch hinterfragt. 

    So lese ich beispielsweise auf Seite 37: "Wir zeigen Ihnen zwei Varianten, wie sich mühelos ein stattliches Zusatzeinkommen aufbauen lässt." Mühelos? Angeblich werden bei einer Investition von 38.000 Euro in zehn Aktien aus heute 1.292 Euro Dividende im Jahr innerhalb von neun Jahren 6.443 Euro jährlich. Das wären dann 537 Euro monatlich. 

    Da frage ich mich allen Ernstes: Warum habe ich augenblicklich knapp 200.000 Dollar investiert und kassiere trotz alledem nur durchschnittlich 700 Euro monatlich? 

    Ein Grund ist die Zeit: Die Autoren unterstellen stillschweigend, dass man sein Investment neun Jahre lang hält, durch Bullen- und Bärenmärkte. Okay, in neun Jahren werden auch meine Dividenden sicher stark angewachsen sein. Ich bezweifle allerdings, dass Laien-Investoren sich dem Auf und Ab der Börsen entziehen können. Vielmehr dürften sie reichlich nervös werden, wenn die nächste heftige Baisse einsetzt. 

    Die Autoren unterschlagen komplett Steuern und Gebühren. Unter den Aktien befinden sich neben deutschen auch amerikanische, holländische, britische und Schweizer Titel. In all diesen Ländern wird auf Dividenden eine Steuer fällig. Und spätestens beim Thema Steuer (egal, ob man da etwas rückerstattet bekommt oder nicht) ist es vorbei mit "mühelos". Erbarmungslos greift der Fiskus weltweit dem privaten Investor ins Portemonnaie. Wer nicht aufpasst, büßt schnell 30% Quellensteuer auf US-Dividenden ein. 

    Aber denken wir positiv: Der Grundgedanke ist richtig, nämlich in Unternehmen mit stetig steigenden Dividendenzahlungen zu investieren. Aktien sind Anteile an produktiven Sachwerten und kein Papier, wie etwa ein Zertifikat, ein Optionsschein oder ein 50-Euro-Schein. 

    Wer tatsächlich 38.000 Euro übrig hat, kann damit bei jedem guten Broker ein Konto eröffnen, um in Aktien zu investieren. Und dann heißt es: Kontinuierlich nach Perlen tauchen. Die Märkte sind voll von Hunderten von guten Unternehmen. Über 100 US-Firmen steigern ihre Dividenden seit mehr als 25 Jahren jedes Jahr. Aber fast alle sind augenblicklich viel zu teuer. Die Aktienindizes notieren an Allzeithochs - wo soll es da noch Schnäppchen geben?

    Folgen wir also nicht den Phantasie-Investments von Focus Money, sondern den bewährten Regeln eines nachgewiesen erfolgreichen Investors, Warren Buffett. Die erste Lektion, die ich von ihm gelernt habe: Setzen Sie sich ein Ziel und arbeiten Sie darauf hin. 1941, im zarten Alter von knapp 11 Jahren, verkündete der Dreikäsehoch Warren Edward Buffett: "Mit 35 Jahren bin ich Millionär!" Als er 50 Jahre später von Bill Gates' Vater gefragt wird, was in seinem Leben ihn dorthin gebracht hat, wo er jetzt war, lautete die Antwort: "Fokus". 

    Bevor Sie also investieren, sollten Sie die Frage beantworten: Warum tun Sie sich das an? Was wollen Sie erreichen? Sind Sie bereit, ausdauernd, zielstrebig und mit Hingabe für Ihr Ziel zu arbeiten? 

    Das bringt uns direkt zu Lektion zwei: Lassen Sie sich nicht von der Hektik der Gegenwart verwirren. Hunderte von Ratgebern und Börsenbriefverkäufern, Versicherungsvertretern, Fernsehkanälen, Bankverkäufern und Finanzgurus predigen täglich: Man muss nicht nur reich werden, sondern man muss schnell reich werden.

    Gar nichts müssen wir. Wenn die Weltwirtschaft jährlich um drei Prozent wächst, dann kann auch der Reichtum des Einzelnen jährlich um drei Prozent wachsen. Wenn man sich einfach nur an der Weltwirtschaft beteiligt.    

    „Egal wie groß Talent und Fleiß sind, manche Dinge brauchen einfach Zeit: Man kann nicht in nur einem Monat ein Kind bekommen, selbst wenn man neun Frauen schwängert.“                                                                                     Warren Buffett

    Die dritte Lektion lautet: Suchen Sie gezielt nach Verlierern. 1999 zeigte Warren Buffett den versammelten Vorständen der Technologie-Unternehmen, warum er in ihre Firmen nicht investieren konnte. Er zückte eine Liste von 2.000 Automobilfirmen, die es zwischen 1919 und 1939 in den USA gab. Obwohl das Auto Amerika revolutionierte, hätte man in 1.997 Fällen mit einem Investment in diese Technologie einen Totalverlust erlitten. Lediglich drei große Autobauer existierten 1999 noch: Ford, General Motors und Chrysler. Vor 1950 gab es in den USA 200 Flugzeugbauer - heute noch einen. Was macht Warren Buffett daraus? "Ich bin sehr enttäuscht, dass die Buffett-Familie Pferde nicht leerverkauft hat. Es gibt immer Verlierer." Die Anzahl der Pferde in den USA sank von 1900 bis 1998 von 17 Millionen auf 5 Millionen. 

    Lektion vier: Beginnen Sie klein, aber gehen Sie mit Leidenschaft zur Sache. Als Warren Buffett 1941 seine erste Aktie kaufte, hatte er 120 Dollar. Drei Jahre später hatte er 1.000 Dollar gespart. 1950 besaß er ein Aktienportfolio von 9.803,70 Dollar. Und erst 1966 erschien der erste Artikel über das "Orakel aus Omaha", in dem noch dazu sein Name falsch geschrieben war (Es fehlte das zweite "t" am Ende). Je länger Sie dabei bleiben, desto heftiger wirkt sich der Zinseszins aus - egal, ob Sie mit viel oder wenig Geld begonnen haben. 

    Lektion fünf: Diversifizieren Sie, aber nicht um der Diversifizierung willen und nicht übermäßig. Als Warren Buffett begann, hatte er 75% seines Portfolios in ein Unternehmen investiert. Mit der Zeit allerdings fand er weitere Schnäppchen. Heute besitzt Berkshire Hathaway 80 komplette Firmen, dazu kommen noch 15 Aktien-Beteiligungen mit jeweils mehr als einer Milliarde Dollar Investitionssumme. Dieses Portfolio ist organisch gewachsen, gekauft wurde nicht "nach Plan", sondern immer dann, wenn es ein gutes Unternehmen zum Schnäppchenpreis gab.   

    Lektion sechs: Schaffen Sie passives Einkommen. Aus dem Aktienportfolio allein erzielt Berkshire Hathaway jährlich mehr als zwei Milliarden Dollar an Dividendeneinnahmen. Auch wenn es bei uns etwas weniger sein dürfte, was zählt ist: Wer in Aktien investiert, die jährlich steigende Dividenden zahlen, hat niemals ein Rentenproblem. Es ist möglich, auf diese Art und Weise deutlich zweistellige Kostenrenditen zu erzielen. Von den durchschnittlich 12,8% Rendite, die der Aktienmarkt durchschnittlich erbringt, sind mehr als die Hälfte auf lange Sicht Dividenden. Wer 20 Jahre in Aktien investiert, die Dividenden zahlen, kann 1.012% Rendite erzielen, verzichtet man auf die Dividenden, sind es nur 366%. 

    Lektion sieben: Bleiben Sie flüssig. In der "Portokasse" von Berkshire Hathaway liegen ständig etwa 20 Milliarden Dollar für Investments bereit. Wer seine Firma an Warren Buffett verkaufen will, bekommt innerhalb von 48 Stunden ein Angebot. Vorausgesetzt, die Firma entspricht den Investmentkriterien des Finanzorakels. Der Wert des Bargelds wurde während der Finanzrkrise 2008 sichtbar. 

    "Das hat es uns ermöglicht, 15,6 Milliarden in den 25 panischen Tagen zu investieren, die auf den Lehman Bankrott 2008 folgten."

    Mein Fazit: Die Finanz-Journaille mag es ja gut meinen mit den Anlegern. Aber mindestens genauso laut, wie sie bei einem Dax-Stand von 12.000 zum "All In" in den Aktienmarkt bläst, so wird sie bei der nächsten Korrektur auch wieder zum Verkaufen raten. Wer hingegen gemächlich Monat für Monat "mühelos" einen kleinen Betrag in Unternehmen investiert, die fundamental gesund, aber bei den Anlegern derzeit in Ungnade gefallen sind, der schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Man kauft höchste Qualität zu tiefsten Schnäppchenpreisen. Und man wird nicht nervös ob des Kursgezappels an den Börsen.

    Denn die stetigen, kleinen Wetten, die man platziert, machen uns, jede für sich genommen, nicht wesentlich ärmer oder reicher. Multipliziert mit Anzahl und Zeit ergibt sich daraus aber ein stattliches, reales, wachsendes Vermögen. 

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    Kommentare: 1
    • #1

      Udo (Freitag, 05 Mai 2017 20:22)

      Eine gute, sinnvolle und in der gegenwärtigen Entwicklung notwendige Ergänzung!

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