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    Performance-Report: Das Zahltag-Depot im Juni 2020

    Das Ende des ersten Kalenderhalbjahres 2020 war überraschend. Die großen Aktienindizes notierten im Vergleich zum Ende des Kalenderjahres 2019 nur minimal im Minus. Keine Spur von Pandemie und Wirtschaftskrise, an der Oberfläche gab es lediglich einige verschmerzbare Verluste. Dass zwischendurch der schnellste Bärenmarkt der jüngeren Börsengeschichte gewütet hatte, hätte ein unbeteiligter Beobachter glatt verschlafen können.  

      Stand 31.12.2019 Stand 30.06.2020 Veränderung
    Dow Jones Index  28.538,44  25.812,88 -9,55%
    S&P 500 3.230,78 3.100,29 -4,03%
    NASDAQ Composite 8.972,604 10.058,765 +12,10%
    DAX Performance-Index 13.249,01 12.310,93 -7,08%

    Der Blick auf die Indizes liefert ein, gelinde ausgedrückt, höchst unvollständiges Bild des Zustandes der realen Wirtschaft. In den USA waren nach wie vor rund 30 Millionen Menschen arbeitslos und hielten sich mit wöchentlichen Schecks von der Regierung über Wasser. Die hohen Index-Stände in den USA sind Ausdruck einer "Konstruktionsschwäche" dieser kapitalisierungsgewichteten Indizes. Der S&P 500 etwa besteht zwar aus 505 Aktien (einige Unternehmen haben zwei Aktientypen gelistet, etwa Berkshire Hathaway und Google). Aber die größten fünf Unternehmen nach der Marktkapitalisierung (Microsoft, Apple, Facebook, Amazon und Alphabet) machen mehr als 22% des gesamten Index aus. Im Technologie-Index NASDAQ 100 kommen die gleichen Unternehmen auf über 47% Gewichtung im Index.

    Was dabei hinten runterfällt, ist der arbeitskräfteintensive, aber selten börsengelistete Service-Sektor. 85% der US-Arbeitsplätze befinden sich in diesem Bereich. Allein 660.000 Restaurants gibt es in den USA, dazu Hotels, Einzelhändler, Taxifahrer, Stewardessen und Piloten, Mitarbeiter in Freizeitparks, Kinos usw., denen seit Monaten ein großer Teil des Geschäfts wegbrach.  

    Ein ähnliches Bild sehen wir in Deutschland. Der moderate Anstieg der offiziellen Arbeitslosenrate verschleiert, dass etwa zehn Millionen Menschen sich in Kurzarbeit befanden, dass Einzelhandel, Freiberufler, Künstler und Kulturschaffende, Service-Kräfte in Hotellerie und Gaststättengewerbe, Messebauer, Kongressveranstalter, Tourismusbetriebe dank behördlicher Auflagen faktisch vor dem Bankrott stehen. Die Steuereinnahmen brechen weg, so dass auch die "Wohltaten" des deutschen Sozialstaates zum großen Teil nur noch über Kredite finanziert werden können. Den unvorstellbaren Geldmengen, die über dem Volk zur Beschwichtigung ausgeschüttet werden, steht eine sehr überschaubare Wirtschaftsleistung gegenüber. Da Geld inzwischen in beliebiger Menge erschaffen und verteilt werden kann, stellt sich mit Recht die Frage: Was ist es noch wert? Die Frage nach der Inflation lautet nicht mehr, ob sie kommt, sondern nur noch wann und in welcher Höhe.   

    Kurz: Die Lage ist in der Realität weitaus ernster, als uns die Politik glauben machen möchte. Schnelle Lösungen sind nicht in Sicht, die Rezession wird weit bis ins Jahr 2021 und in vielen Branchen noch Jahre später zu spüren sein.   

    Der Dividendenstrom im Juni

    Mein Dividendentacho büßte im Juni noch einmal rund 400 Dollar Jahresdividende ein. Insgesamt haben zwölf meiner ursprünglich 62 Unternehmen inzwischen ihre Dividenden gekürzt, gestrichen oder "temporär ausgesetzt". Die letzten waren der Medienkonzern Meredith und die Wells-Fargo-Bank. Der Bruttobetrag von 19.516,14 Dollar ist die auf zwölf Monate hochgerechnete Brutto-Dividende vor Steuern, wie sie sich aus den aktuell bekannten Gewinnausschüttungen ergibt.

    Im Juni flossen 1.515,82 Euro auf mein Brokerkonto. Diese Summe enthält bereits die abgezogenen 15% US-Quellensteuer. Sie liegt damit rund 17 Prozent unter dem Juni des vergangenen Jahres. Besonders schmerzhaft ist die fehlende Sonderdividende von Main Street Capital und die monatliche Dividende von EPR. Das zweite Quartal 2020 insgesamt verzeichnet noch ein Plus von 6,23% gegenüber dem zweiten Quartal 2019. Betrachte ich jeweils das erste Kalenderhalbjahr im Vergleich, so verbleibt ein Plus von 17,5%.

    Mein Halbjahresziel von 24.000 Dollar Jahres-Bruttodividende ist damit erst einmal ein Stück in die Zukunft gerückt. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben. Denn nach den Einbußen der vergangenen Monate rücken jetzt wieder die Dividendensteigerungen in den Fokus. Realty Income, die Bank OZK, die Target Corporation, Altria, J. M. Smucker, und Walgreens haben inzwischen ihre Ausschüttungen an die Aktionäre erhöht. Zwar fielen die Erhöhungen teilweise eher kosmetisch aus, aber sie beweisen das Commitment der Aufsichtsräte gegenüber den Eigentümern.    

    Käufe und Verkäufe im Juni

    Anfang Juni hatte ich meine Position in Wells Fargo noch einmal aufgestockt, inzwischen hat sich herausgestellt, dass dieser Nachkauf ein Fehler war. Die Dividende wurde auf 0,40 Dollar pro Jahr eingedampft, nachdem die US-Regulierungsbehörden den systemrelevanten Banken strenge Limits zu Dividendenhöhe und Aktienrückkäufen auferlegt haben. Wells Fargo ist ein Investment, von dem ich mich in absehbarer Zeit trennen werde. Es ist nicht schwierig, eine Alternative zu finden, denn die Dividendenrendite dürfte leicht zu toppen sein.

    Nachgekauft habe ich Stücke von AbbVie, auch die Aktie des Monats wurde natürlich im Juni gekauft. 

    Komplett abgestoßen wurden meine Stücke von Meredith, die Aussichten im Bereich Werbung und Verlagswesen sehe ich eher mäßig. Da nutzt es auch wenig, dass rund um die US-Präsidentschaftswahlen massiv geworben wird - der Großteil der Umsätze in der Werbung kommt aus dem Handel und der liegt bekanntlich darnieder.  

    Ansonsten war der Monat eher gemächlich, denn die hohen Kurse nach der dynamischen Erholung im Mai einerseits und die bevorstehende Urlaubssaison haben nicht gerade zum Kaufen eingeladen. 

    Die Aktie des Monats: Archer-Daniels-Midland Company

    Die Archer-Daniels-Midland Company wurde 1902 in Minneapolis, Minnesota als Leinsamenmühle gegründet. In der heutigen Form wurde das Unternehmen 1923 in Delaware etabliert. Die Firma ist ein global tätiger Produzent, Verarbeiter und Vermarkter von landwirtschaftlichen und Lebensmittelprodukten. ADM betreibt weltweit 270 Produktions-Standorte, 420 Aufkauf-Stützpunkte und 70 Tochterunternehmen oder Joint Ventures. Der Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit liegt traditionell im Bereich der Ölsaaten. Soja, Mais, ebenso Sonnenblumen, Raps, Erdnüsse und Leinsamen gehören dazu, allerdings auch das umstrittene Palmöl. Produziert wird Ethanol als Kraftstoff und für Getränke, Biodiesel und verschiedene Aromen, Sirup, Süssstoffe, Futterzusätze und Proteine. Firmensitz ist Chicago.

    Archer-Daniels-Midland ist seit 1924 an der NYSE gelistet, hat 88 Jahre lang Dividenden gezahlt und steigert diese seit 45 Jahren jedes Jahr. Der Umsatz liegt inzwischen bei etwa 65 Mrd. Dollar, der Gewinn bei 1,8 Mrd. Dollar. Die Gewinnmargen sind in der Branche niedrig, es handelt sich um ein typisches "Commodity-Geschäft". ADM ist mit 24,6 Mrd. Dollar Marktkapitalisierung die Nummer eins der Branche.

    Als Investor erwarte ich weder explodierende Gewinne noch drastische Kurssteigerungen. Vielmehr sehe ich den Agrarbereich als einen krisenresistenten Basis-Sektor an, der die gesamte Lebensmittelindustrie beliefert.  Angesichts der wachsenden Weltbevölkerung sehe ich noch viele Jahre und Jahrzehnte gemächlichen Wachstums, egal ob mit oder ohne Pandemien. 

    Der Titel ist günstig bewertet, das Kreditrating ist sehr gut, die Dividende erscheint sicher. Ich habe meine ersten 25 Anteile bei 39,29 Dollar am 25. Juni gekauft. Am 18. August 2020 handelt die Aktie ex-Dividende, am 9. September werden dann die ersten 0,36 Dollar pro Anteil meinem Konto gutgeschrieben. Meine Einstiegsdividende liegt bei respektablen 3,66%, immerhin doppelt so hoch wie bei einem ETF auf den S&P 500 augenblicklich. In den vergangenen drei Jahren lag die Dividendensteigerungsrate bei etwa 4,7% jährlich, in den Jahren davor auch schon deutlich höher.  

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    Kommentare: 4
    • #1

      Tiho (Freitag, 21 August 2020 13:11)

      Es ist schön wieder einen Monatsreport zu lesen. Auch finde ich deine Suche nach Zukunftswerten, wie ADM, sehr interessant und den einzig gangbaren Weg. Weiter so und nicht von Nörglern ärgern lassen! Wer hier nicht inspiriert werden möchte, kann ja andere Publikationen und Blogs in Anspruch nehmen.

      Viele Grüße

      Tiho

    • #2

      Unbekannt (Samstag, 22 August 2020 13:13)

      Warum kein Wort über den großen Verlust im Futures Konto?...

    • #3

      Nils Gajowiy (Samstag, 22 August 2020 13:45)

      @Unbekannt: Weil ich schlicht kein Futures-Konto habe.

    • #4

      Rudi (Montag, 24 August 2020 22:06)

      Hallo Herr Gajowiy,

      wie ich gesehen habe, bieten Sie Seminare zum Thema Optionen, Hedging und Futures-Optionen an.
      Mit diesen Derivaten haben Sie im März fast das gesamte Depot geschrottet. Es ist höchst befremdlich, wenn jemand Seminare gibt und mit Methoden wirbt, die bei einem selbst nicht funktionieren. Ich halte ein solches Verhalten für skrupellos und widerlich. Sie sollten sich schämen.

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